Die rumänische Agrarreform nach dem Ersten Weltkrieg als Mittel zum Aufbau des Nationalstaates
DOI:
https://doi.org/10.55051/JTSZ2023-1p11Abstract
Ab 1866 erklärte Rumänien den Grundsatz eines einheitlichen Nationalstaates und ab 1848 verfolgte sie das Ziel einer homogenen Vereinigung aller Rumänen in einem Staat. Der territoriale und bevölkerungsmäßige Zuwachs, der auf den Sieg Rumäniens im Ersten Weltkrieg folgte, veränderte die homogenen sozialen Beziehungen des Landes entscheidend, doch das homogene Staatsziel Großrumänien blieb unverändert und wurde innerhalb der neuen Staatsgrenzen sowohl verwirklicht als auch gescheitert. Ein herausragendes Element des nationalstaatlichen Programms war die nach dem Ersten Weltkrieg durchgeführte Agrarreform. Der Widerspruch zwischen der erklärten Rechtspolitik und dem realisierten staatspolitischen Ziel der Reform verdeutlicht nicht nur die Verzerrungen des Rechtsstaates, sondern auch seine minderheitenfeindliche Haltung. Während das erklärte Ziel darin bestand, die sozialen Beziehungen gerechter zu gestalten, diente es in Wirklichkeit dazu, nationalen und religiösen Minderheiten den Besitz von Eigentum als Mittel zum Aufbau des Nationalstaates unmöglich zu machen. Der Beitrag untersucht die verfassungsrechtlichen Grundlagen und die Teilgesetzgebung der Bodenreform in Rumänien, den historischen und rechtlichen Prozess, der die oben genannten Ergebnisse rechtfertigt. Die Analyse der Gesetzgebung wird durch eine Beschreibung der Fälle von rumänischen Agrarreformverfahren ergänzt, die im Rahmen des nach dem Ersten Weltkrieg geschaffenen Minderheitenschutzsystems durchgeführt wurden.